Pressemeldung

„Wir werden noch gebraucht“

Problemkinder im Heim des Vereins „Schutzengel gesucht“ — Spendeneinbruch

NEUMARKT/KULEN VAKUF — Mit besonders problematischen Kindern müssen sich die Erzieherinnen im Kinderheim „Centar Duga“ (Haus Regenbogen) des Vereins „Schutzengel gesucht“ im bosnischen Kulen Vakuf beschäftigen. Vorsitzender Günter Prantl (Freystadt) sorgt sich derweil um die Zukunft der Einrichtung.

„Schon drei Mal mussten wir den knapp dreijährigen Haris in die Uniklinik nach Sarajewo bringen“, berichtete Heimleiter Admir Ljescanin bei seinem jüngsten Besuch in Deutschland. Der Junge leide an Epilepsie und falle immer wieder in eine kurze Bewusstlosigkeit. Die Erkrankung des Dreijährigen, der zudem nicht sprechen kann, sei vermutlich die Folge der Drogenabhängigkeit seiner Mutter. „Für unsere Frauen ist das eine zusätzliche Belastung“, sagt Ljescanin, denn sie haben es ja nicht mit normal entwickelten Kindern zu tun. Jedes komme mit einem problematischen Hintergrund ins Heim.

So auch Jasmina, die hemmungslos auf ihren kleineren Bruder einschlägt und ein sehr aggressives Verhalten zeigt. „Die Fünfjährige kennt nichts anderes von daheim“, weiß der Heim-leiter, sie stamme aus einem Umfeld, in dem Gewalt an der Tagesordnung ist und wurde deshalb vom Sozialamt nach „Centar Duga“ gebracht. Mit dem nur auf sich bezogenen Verhalten und ihrer Unruhe mische sie manchmal die ganze Gruppe auf. Da ist Admir Ljescanin froh, dass in dieser Woche die Kinderpsychologin Dorothea Weinberg aus Nürnberg in Kulen Vakuf ist, um sich ein Bild von der Situation in den drei Kindergruppen zu machen. Die auf Entwicklungspsychologie spezialisierte und in ganz Deutschland anerkannte Fachfrau erarbeitet Gutachten und gibt den Erzieherinnen wertvolle Tipps zum Umgang selbst mit Neugeborenen.

Ein „großer Sprung nach vorne“ ist für Günter Prantl auch die Tatsache, dass mittlerweile alle Frauen, die im „Haus Regenbogen“ im Dreischichtbetrieb arbeiten, qualifiziert sind. Neben vier Kinderkrankenschwestern, zwei Köchinnen und drei Pflegerinnen finanzierte der Verein „Schutzengel gesucht“ drei Mitarbeiterinnen ein Abendstudium an der erziehungswissenschaftlichen Fakultät in Bihac, das diese jetzt mit einem Diplom abgeschlossen haben. „Gerade diese Frauen bringen viele neue Ideen in die Alltagsarbeit ein“, freut sich Ljescanin: „Sie haben an der Uni auch richtig Selbstbewusstsein getankt und sind experimentierfreudiger geworden.“ Kreativität ist nun auch in Deutschland gefragt, denn 2010 verzeichneten die „Schutzengel“ zum zweiten Mal in Folge ein Minus beim Spendeneingang. So sind Aktionen an Kindergärten oder Schulen (zu St. Martin oder an Schulfesten) genau so gefragt, wie Ideen von Einzelpersonen, die dazu beitragen, die Finanzierung des Kinderheimes weiter zu sichern.

„Vielen Menschen ist ja gar nicht bewusst, dass es uns immer noch gibt“, hat Günter Prantl bei manchen Gesprächen auf Weihnachtsmärkten oder Konzerten in der Adventszeit erfahren. Erst als der Verein zum 1. Advent seine „Schutzengel-Post“ an alle Haushalte in der Stadt und im Landkreis Neumarkt verteilen ließ (eine neue Ausgabe folgt in der Vorweihnachtszeit), seien viele Rückmeldungen von Menschen gekommen, die verstanden haben, „dass wir noch immer gebraucht werden, dass für die ,vergessenen Kinder‘ in Bosnien sonst niemand sorgen würde“.

Am 1. November wird das beschützende Haus zwölf Jahre alt. 205 Kinder wurden seit der Gründung aufgenommen. Ziel der Arbeit in „Centar Duga“ ist es, die Kinder auf eine Adoption im Land vorzubereiten oder die Verhältnisse in den Herkunftsfamilien mit Hilfe des Familienprojektes „Duga Care“ so weit zu stabilisieren, dass die Kinder wieder nach Hause zurückkehren können. ahei 

Schutzengel gesucht, Günter Prantl, ? (0 91 79) 16 33, info@ schutzengel-gesucht.de Konto 806594 bei der Sparkasse Neumarkt-Parsberg (BLZ 760 520 80. Internet: www.schutzengel-gesucht.de

Quelle: http://nn-online.de