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257 Kindern ein neues Zuhause geschenkt

Seit 14 Jahren wirbt der Freystädter Günter Prantl mit „Schutzengel gesucht“ um Spenden. Am Ziel ist er noch lange nicht.

Neumarkt. Hilfsorganisationen haben es immer dann besonders schwer, wenn die Kameras wieder aus sind, wenn sich die Aufmerksamkeit der Welt auf einen neuen Krisenherd, auf eine neue Katastrophe richtet. Umso schwerer haben es solche Organisationen, wenn sie eher klein sind und sich auf ein ganz spezielles Projekt konzentrieren. „Schutzengel gesucht e.V.“ ist eine solche Organisation. Ihr Ziel ist es, Kindern in Bosnien, die aus verschiedenen Gründen ihre Familie verloren haben oder aus selbiger verstoßen wurden, in einem eigens dafür erbauten Kinderheim eine neue Zukunft zu eröffnen.

„Motor“ des Hilfsprojekts ist der 53-jährige Günter Prantl aus Freystadt. „Ich wollte mal sehen, was mit meiner Spende passiert und bin dem Geld einfach nachgefahren“, beschreibt er seine erste Reise 1992 in die damalige Krisenregion auf dem Balkan. Was er dann sah, lässt ihn bis heute nicht mehr los. „Was die Kinder in diesem Elend erleiden mussten, war unfassbar“, berichtet er, „und das ist es heute immer noch“, fügt er gleich hinzu.

18 Mitarbeiter vor Ort
1996 war es ihm erstmals möglich, nach Bosnien einzureisen. Prantl fuhr mit einer kleinen Gruppe nach Bihac.

„Aus dieser Bihac-Gruppe entwickelte sich schnell die Organisation „Schutzengel gesucht“. Unzählige Urlaubstage wurden geopfert, unzählige Arbeitsstunden verrichtet, bis ein Kinderheim das Licht der Welt erblickte. Keiner der Mitarbeiter sei vom Fach gewesen, „und dennoch waren die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“. Ausnahmslos alle, die in dieser Aufbauzeit dabei waren, sind auch heute noch mit im Team. Neue Kräfte kamen dazu. Heute sind es 18 Mitarbeiter, die sich vor Ort um das Wohl der traumatisierten kleinen Seelen kümmern. „Schutzengel gesucht“ finanziert nicht nur den Heimplatz, sondern übernimmt auch die Ausbildung der Kinderpfleger.

Drei Millionen Euro Spenden

„Seit dem Start im Jahr 2000 sind mehr als drei Millionen Euro Spenden aus dem Landkreis Neumarkt zusammengekommen“, berichtet Prantl stolz. 257 Kindern konnten so ein neues Zuhause geschenkt werden. Jeweils ein Drittel von ihnen wurde danach wieder in den Familienverbund integriert, erfolgreich zur Adoption vergeben oder an eine weiterführende Hilfsorganisation weitervermittelt. Ab sechs Jahren, so will es ein Gesetz in Bosnien, müssen Kinder ein Heim verlassen.

Tatkräftiger Neuanfang

2006 wurde das Kinderheim vom Hochwasser überflutet, ein Jahr danach brannte es ab. 350 000 Euro kostete der Wiederaufbau, der in Windeseile gelang. Seitdem ist alles gut, sollte man denken. Ist es aber nach wie vor nicht. „30 Jahre würde es dauern, das Land von Tretminen zu säubern“, sagt Prantl. „Und nach wie vor werden Babys im Schuhkarton abgegeben. Nach wie vor herrscht große Arbeits- und Perspektivlosigkeit.“ 270 000 Euro braucht Prantls Organisation pro Jahr, 180 000 Euro davon aus Deutschland.

Was treibt ihn inmitten all des Elends an, dem die Medien heute kaum mehr Beachtung schenken? „Der christliche Glaube und die Erkenntnis, dass man mit kleinen Mitteln viel bewegen kann“, sagt er, „das lässt mich immer weiter machen“. Im kommenden Jahr ist eine Photovoltaikanlage geplant. Es sei immer schwerer, Spenden für sein Projekt zu gewinnen, gesteht der 53-Jährige. Aufgeben? Daran hat er nie gedacht. „Wer hat schon die Chance, ein Menschenleben zu retten?“, sagt er. Schutzengel wie er brauchen keine Flügel. Ein gütiges Herz reicht.

Quelle: www.mittelbayerische.de
Artikel: von Tom Müller