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Endlich nicht mehr auf dem Beton schlafen

Verein Schutzengel gesucht unterstützt Familie in Bosnien-Herzegowina bei der Renovierung des Hauses

ROTH  - Der Verein Schutzengel gesucht, Träger des Kinderheimes Centar Duga (Haus Regenbogen) in Bosnien-Herzegowina, ist stets bemüht, das Leben von Kindern in sozial schwachen Familien so weit zu stabilisieren, dass diese nicht von ihren Familien getrennt werden müssen, weil sie sonst hungern oder frieren müssten. Froh sind die Verantwortlichen, dass es im Kinderheim „rund“ läuft. 225 Kinder wurden mittlerweile im „Haus Regenbogen“ aufgenommen. Ohne die Unterstützung aus der Region könnten die Projekte nicht überleben. Nachfolgend ein Bericht über den Besuch einer Familie, auf die die Sozialbehörden aufmerksam gemacht haben.

Die Fahrt von Bihac nach Isazic und von dort in einen abgelegenen Weiler dauert etwa 45 Minuten, obwohl Admir Ljescanin, „Statthalter“ des Vereins Schutzengel gesucht in Bosnien-Herzegowina, einen flotten Reifen fährt. Wir fahren durch eine hügelige, von Kleinlandwirtschaft geprägte Landschaft, vorbei an fein verputzten Häusern – ihre Besitzer arbeiten irgendwo in Slowenien oder Österreich. Dann einmal rechts abbiegen und wir stehen vor der Behausung der Familie Begic (Name geändert).

Nur eine Behausung

Das Haus verdient in der Tat keine andere Bezeichnung als Behausung, denn außer einem Raum, dessen Boden gefliest und dessen Wände verputzt sind, gibt es kein Zimmer, in dem der Besucher aus Deutschland leben wollte. Dort nämlich schlafen Kinder auf dem betonierten Fußboden auf einer Art Matratzenlager. Allerdings ohne Matratzen.

Trotz der widrigen Lebensumstände machen die Kinder der Familie einen gepflegten Eindruck. Die Kleidung ist sauber, obwohl es keine Waschmaschine gibt, die Augen der bereits älteren Mädchen und deren Verhalten verraten, dass die Familie Familienleben lebt. Zusammenhält, auch wenn es noch so schwer ist.

Die älteste Tochter der Begics, mittlerweile 25 Jahre alt, wurde von ihrem Mann nicht nur seelisch, sondern auch körperlich misshandelt. Vermutlich von den Schlägen herrührend hat sie eine neurologische Störung und zuckt – wie bei einem Tick – mit dem Kopf.

Als sie endlich den Mut hatte, aus der Ehe auszubrechen, kam sie mit ihrem vierjährigen Kind nach Hause. Vater Suad (48) und Mutter Azra (47) (Namen geändert) nahmen sie selbstverständlich auf, obwohl die Familie noch enger zusammenrücken musste, kein Geld in der Haushaltskasse war und die Schlafplätze rar.

Die nächstgeborene Tochter Alma (16) beendete vor über zwei Jahren die Hauptschule mit der guten Note 4 auf der fünfstufigen Notenskala (das ist in Bosnien-Herzegowina die zweitbeste Note – in Deutschland wäre es eine 1 minus).

Gerne hätte sie die Berufsschule besucht, als Verkäuferin gelernt. Doch um in das zirka 14 Kilometer entfernte Bihac zu fahren, bräuchte es eine Busfahrkarte. Und da die Familie die 30 Konvertiblen Mark (15 Euro) nicht aufbringen kann, blieb das Mädchen bisher ohne Ausbildung. Das größte Problem jetzt: Wahrscheinlich hat Alma die Altersgrenze überschritten, um noch an die Berufsschule gehen zu können.

Nach einem Besuch von Admir Ljescanin bei der Schulbehörde bekam die 16-Jährige den Ausbildungsplatz für Verkäuferinnen, und die Busfahrkarte wird über das Familienprojekt „Duga Care“ (Leiterin Sabina Ljescanin) des Vereins „Schutzengel gesucht“ finanziert.

Das gilt ab sofort auch für Tochter Aniza (14). Sie besucht die 8. Klasse der Hauptschule im fünf Kilometer entfernten Izazic, musste bei Dunkelheit querfeldein über die Felder laufen, um zur Schule zu kommen.

Sohn Abedin (6) macht die Familie komplett, schmust gerne mit seinem Vater und hilft auch schon mal beim Sortieren der Kartoffeln oder beim Befestigen des Hofes mit Bauschutt.

Suad Begic wird verlegen, ist berührt, als er erfährt, dass der Verein „Schutzengel gesucht“ helfen wird, die Behausung für alle Familienmitglieder bewohnbar zu machen. Die Wände der Mädchenzimmer und des Duschbades, in dem die Dusche noch fehlt, sollen verputz werden, die Böden einen Belag bekommen. Vier Zimmertüren fehlen und zwei Stockbetten werden ebenfalls behilflich sein, das Leben erträglicher zu machen. „Endlich nicht mehr auf dem kalten und harten Fußboden schlafen?“, fragt Aniza. „Ja, nicht mehr auf Beton schlafen.“

Hohe Arbeitslosigkeit


Klar will der 49-jährige Familienvater anpacken, wo es nur geht. Obwohl er handwerklich begabt ist, findet er keine Arbeit. Noch immer ist die Arbeitslosigkeit im Großraum Bihac sehr hoch. Sie liegt bei etwa 60 Prozent, obwohl die Stadt Verwaltungszentrum des Kantons Una-Sana ist. Über Wasser hielt Suad Begic seine Familie bisher durch Gelegenheitsjobs. Zudem: Es gibt einen Gemüsegarten, eine Kuh und Hühner.

Duga Care
wird neben den Busfahrkarten für die Mädchen ergänzend über den Winter hinweg ein Lebensmittelpaket im Wert von 50 Euro für die Familie kaufen mit Grundnahrungsmitteln. Die Baumaßnahmen und Verbesserungen im Haus werden rund 7500 Konvertible Mark (KM) kosten, also etwa 3500 Euro. In Deutschland würde man Asylbewerber nicht in einer Unterkunft unterbringen, wie sie Familie Begic bisher bewohnte. Die Familie sieht in der Unterstützung durch Schutzengel gesucht eine neue Lebensperspektive und ist überglücklich.

Infos unter www.schutzengel-gesucht.de.
Kontakt: info@schutzengel-gesucht.
Spendenkonten: Raiffeisenbank Roth-Schwabach, Kontonummer 30 64 700 (BLZ 764 600 15), Sparkasse Neumarkt, Nummer 80 65 294 (BLZ 760 520 80).