Pressemeldung

Auch "Schutzengel" brauchen Unterstützung

Der Vorsitzende Günter Prantl aus Freystadt blickt auf viele Jahre humanitäre Hilfe zurück -

FREYSTADT - Die Pandemie erschwert die Arbeit des humanitären Vereins "Schutzengel gesucht" ganz erheblich. Besonders wegen des Rückgangs der Spenden befürchtet man schlimmste Einschränkungen bei der Arbeit vor Ort.

Im Juli 2000 gründete sich der humanitäre Verein "Schutzengel gesucht. Bis dahin hatte die sogenannte Bihac Gruppe um Günter Prantl aus Freystadt viele hundert Tonnen Hilfsgüter auf den Balkan gebracht.

Prantl erinnert sich: War das Ziel zuerst Kroatien, so konzentrierte sich die Gruppe seit Anfang Januar 1996 auf Bosnien und Herzegowina. "Vor Ort sahen wir Helfer uns mit erschütternden Verhältnissen konfrontiert. Kinder mussten in untragbaren Verhältnissen aufwachsen – sie hungerten, drohten zu erfrieren. Babys wurden am Zentralkrankenhaus Bihac nach der Geburt zurückgelassen, weil die Familie sie nicht ernähren konnte". So entstand aus der Hilflosigkeit der deutschen Helfer die Idee, ein Kinderheim für die "vergessenen Kinder" zu bauen. Centar Duga (Haus Regenbogen) wurde Ende Oktober 1999 in Betrieb genommen. "Bis heute haben wir 316 Kindern in Centar Duga ein behütetes Leben ermöglicht", so Prantl.

Duga Care ist das zweite Projekt des Vereins "Schutzengel gesucht" im Kanton Una Sana. Hier wird Familien in unterschiedlichster Art und Weise geholfen. Von Hilfe zur Selbsthilfe mit Spenden von Saatgut, Schafen oder Hühnern, Hilfe zum Obst und Gemüseanbau bis hin zur Finanzierung eines Strom- oder Wasseranschlusses oder monatlichen Lebensmittel- und Hygienepaketen und Schulmaterialien für die Kinder.

Prantl und seine Mitstreiter sind stolz: Das Engagement von "Schutzengel gesucht" wurde bisher vielfach ausgezeichnet, unter anderem 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und vielen weiteren Ehrungen.

"Aber es gab auch sehr schwere Zeiten für alle Beteiligten", resümiert Prantl. 2006 haben Schneeschmelze und heftige Regenfälle in Kulen Vakuf in Bosnien-Herzegowina ein Jahrhunderthochwasser verursacht. Das Kinderheim "Centar Duga" musste evakuiert werden.

Kaum waren die Schäden beseitigt, brach ein Jahr später im Dachgeschoss des Kinderheims ein Feuer aus. "Centar Duga" brannte komplett nieder. Alle 19 Kinder wurden dank der Hilfe junger Leute aus dem Dorf gerettet. Ein Großteil der Einrichtung aber war zerstört. Der Sachschaden betrug rund 200 000 Euro.

Günter Prantl, Arno Heider sowie Heimleiter Admir Ljescanin waren durch Zufall vor Ort, weil Prantl am Tag darauf zum Ehrenbürger der Hauptstadt im Kanton Una-Sana ernannt werden sollte. Das Kinderheim wurde innerhalb von sechs Monaten zum ökologischen Vorzeigeobjekt in Bosnien-Herzegowina wieder aufgebaut.

Der schwerste Schicksalsschlag aber war der 18. April 2017. An diesem Tag starb im Alter von nur 48 Jahren der Heimleiter, Macher vor Ort und vor allem der große Freund des Vereins, Admir Ljescanin. Admir`s Frau Sabina trägt jetzt die Hauptverantwortung für die Projekte und die 18 Angestellten. Die Umstellungen und Aufteilung der Aufgaben für einen reibungslosen Tagesablauf spielten sich trotz der psychischen Belastung schnell ein. "Der Verein schaute wieder zuversichtlicher in die Zukunft – dann kam Corona". Die Pandemie macht auch nicht vor dem Kinderheim halt. So musste Sabina zusammen mit den Mitarbeitern schnell ein Hygienekonzept auf die Beine stellen. Das Gesundheitsamt führt wöchentliche Kontrollen durch. Das Tragen einer Maske ist von Anfang an Pflicht. "Gott sei Dank ging bisher alles gut, die Kinder und Mitarbeiter sind gesund", zeigt sich Prantl erleichtert.

"Zu all den Unannehmlichkeiten kommt hinzu, dass alle Aktivitäten in Bosnien und in Deutschland abgesagt werden mussten", erklärt Prantl. So konnten weder die Künstlerkolonie, der größte Event jeden Jahres, noch die dazugehörigen Versteigerungen in Bosnien und in Deutschland stattfinden. Alle Basare und Verkaufsmöglichkeiten des Vereins wurden gecancelt. Allein in Deutschland ergab der Spendeneinbruch ein Minus von 70 Prozent.

Die Mitglieder des Vereins "Schutzengel gesucht" und die des Fördervereins aus Holzheim, arbeiten ausschließlich ehrenamtlich. Daher kommt jeder gespendete Euro 1:1 in Bosnien an.

Info: www.schutzengel-gesucht.de. Spenden sind möglich auf das Vereinskonto bei der Sparkasse Neumarkt-Parsberg IBAN: DE77 7605 2080 0008 0652 94.

Bericht: Anne Schöll

Quelle: Neumarkter Nachrichten, https://www.nordbayern.de/region/neumarkt/auch-schutzengel-brauchen-unterstutzung-1.10970461