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Marta Köslich und Irene Zwack (Mitte) zu Besuch bei einer Familie des Projektes Duga Care.

93-jährige Marta Köslich besuchte Waisenhaus in Bosnien — Von pädagogischem Konzept überzeugt

Marta Köslich ist nicht nur eine der ältesten Einwohnerinnen der Stadt Herzogenaurach. Sie ist auch ältestes Mitglied im Verein Schutzengel gesucht, der in Bosnien und Herzegowina das Kinderheim Centar Duga (Haus Regenbogen) unterhält. Nach einer Einladung der SPD-Stadträtin Irene Zwack fuhr die 93-Jährige, die seit zehn Jahren bei ihrem Sohn in Niederndorf lebt, spontan nach Bosnien mit.

HERZOGENAURACH - Alle Bedenken, die der Organisator ob des hohen Alters von Marta Köslich hatte, wischte Irene Zwack vom Tisch. "Die Marta ist fit wie ein Turnschuh", sagte Zwack, die an sich eine Schlüsselrolle hat, dass das Kinderheim in Kulen Vakuf (bei Bihac) gebaut wurde. Sie war es nämlich, die nach dem Auffinden der Azra D. mit schlimmsten Erfrierungen den Bau eines Kinderheimes vorgeschlagen hatte.

"Das war die beste Idee Deines Lebens", lobte die gebürtige Hanseatin Köslich auf der Rückfahrt ihre Parteifreundin, und sie fügt hinzu, dass sie die Aufforderung der Heimleitung, die Kinder aus dem Heim nicht zu "herzen", zunächst nicht verstanden habe. "Als mir aber das pädagogische Konzept von Heimleiter Admir Ljescanin erklärt wurde, war mir viel klar", sagt die 93-Jährige: "Ich möchte auch nicht für eine Viertelstunde getätschelt und danach wieder zurückgelassen werden."

Das pädagogische Konzept unter dem Titel "Mütterliche Erziehung ohne Mutter" sieht vor, dass die in Centar Duga aufgenommenen Kinder von zwei Erzieherinnen intensiv betreut werden.

Doch Marta Köslich sah nicht nur das Kinderheim. Sie wurde auch mit Schicksalen konfrontiert, die ihr noch aus eigenem Erleben gut in Erinnerung sind: Hoffnungslosigkeit und Armut nach dem Krieg. Hier versucht "Schutzengel gesucht" über das Programm Duga Care zu helfen.

Da ist eine Familie, deren Ernährer während des Krieges am Bein verwundet wurde. Er wird keine Arbeit finden, weshalb die "Schutzengel" einen Stall gebaut und eine Kuh gekauft haben, um die Selbstversorgung zu sichern. Einem Mädchen wird die Fahrkarte finanziert, damit es die Schule in Bihac besuchen kann.

Familienvater misshandelt

Der nächste Besuch galt einer Familie mit sieben Kindern in Cazin. Der Mann wurde in einem Gefangenenlager von serbischen Tschetniks schwer misshandelt und ist seitdem psychisch krank. Die Familie lebte bisher in einem Lehmhaus von etwa 20 Quadratmeter Größe, weshalb Duga Care beim Bau eines neuen Hauses hilft.

Der Staat kann in all diesen Fällen nicht helfen. Gerade einmal 15,3 Millionen bosnische Mark (7,6 Millionen Euro) stehen im Jahresetat des Sozialministers des Kantons Una-Sana. Bei 330 000 Einwohnern, aber nur etwa 30 000 Menschen in Arbeit, können die Sozialämter nur absolute Härtefälle abfedern.

"Bei uns muss niemand erfrieren oder verhungern", sagte Marta Köslich auf der Rückfahrt nach Deutschland. Sie konnte sich nicht vorstellen, "dass nicht einmal 900 Kilometer vor unserer Haustüre das Elend so groß ist." Schon zu ihrem 90. Geburtstag hat Marta Köslich auf Geschenke verzichtet und stattdessen um Spenden für "Schutzengel gesucht" gebeten.

Nach ihren Erlebnistagen in Bosnien und Herzegowina würde sie sich freuen, wenn ihr andere Menschen nacheifern. "Schutzengel gesucht" sammelt zurzeit noch immer für einen an Hepatitis C erkrankten jungen Mann (wir berichteten), der eine Interferon-Behandlung begonnen hat. Spenden werden erbeten auf das Konto 30 64 700 bei der Raiffeisenbank Roth-Schwabach (BLZ 764 600 15).
 

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